Wer beobachtet, weiß Bescheid!

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In Kürze:

  • Die Sommertracht ist vorbei. Die Räubereizeit hat begonnen.
  • Nach „Regenpausen“ kann der Sommerhonig geerntet werden.
  • Bei der Honigernte und bei der Fütterung von Jungvölkern keine Räuberei auslösen!
  • Mit einer Gemülldiagnose den Varroabefall von Alt- und Jungvölkern überprüfen.

Mit der Lindenblüte ist eine vielerorts sehr gute Sommertracht zu Ende gegangen. Viele Wirtschaftsvölker haben im Juni/Juli eine Zarge mit Honig gefüllt, da und dort sind bzw. waren es auch deutlich mehr als eine Zarge.

Auch für den Sommerhonig gilt: Nur reifen Honig ernten. Dieses Ziel ist leicht(er) zu verwirklichen, wenn man (1.) erst nach Trachtende und (2.) unmittelbar nach einem Regentag zu Besen oder Bienenflucht greift und die Honigernte (3.) bei trockenem Wetter an einem frühen Vormittag vornimmt. Wenn am Vortag oder an den Vortagen wegen Regen kein Nektar (oder Honigtau) eingetragen worden ist, kann auch der noch nicht verdeckelte Honig geerntet werden. Er ist dann häufig trockener als der verdeckelte Honig. Dennoch sollte seine Reife (4.) mit der Spritzprobe überprüft werden.
Nach Einlegen der Bienenflucht am frühen Vormittag kann der Honigraum am Abend des nächsten Tages nahezu bienenfrei abgehoben werden. Die Bienenflucht funktioniert nur, wenn mit Absperrgitter geimkert wird und im Honigraum keine Brut ist/war.

Räuberei vermeiden

Bei der Honigernte werden häufig Honigwaben beschädigt. Das kann wie das Ersetzen der entnommenen vollen Honigwaben durch leere geschleuderte Waben Suchflüge und in Folge Räuberei auslösen. Besonders gefährdet sind die noch schwachen Jungvölker. Deren Fluglöcher sind weiterhin eng zu halten, auch wenn sie gewachsen sind bzw. noch am Wachsen sind.

Bei den Jungvölkern muss auf die Futterversorgung und auf rechtzeitige Erweiterung (mit Mittelwänden) geachtet werden. Bis Ende August sollte ein Jungvolk 10 Waben haben, auch wenn es „nur“ auf 6 Waben sitzt. Bis es soweit ist wird literweise „von der Seite“, weit weg vom eingeengten Flugloch, gefüttert. Als Futtergefäß dient ein „Tetra Pak“, eine passend gestutzte Plastikflasche oder eine Futtertasche. Schwimm- und Aufstieghilfe nicht vergessen!
Und: Am besten immer nur abends Futter geben.

Was vor der Varroabehandlung zu bedenken ist!

Die bis Mitte Juli an einer Vielzahl von Wirtschaftsvölkern durchgeführte Gemülldiagnose zeigt, dass der Varroabefall deutlich unter 10 Milben/Tag liegt. Stärker befallen sind –wie jedes Jahr- nur wenige Völker. Diese werden nach der Sommerhonigernte bzw. nach Mitte Juli nach dem Konzept „Teilen und behandeln“ weiter geführt.
Bei den anderen Völkern wird nach der „Spätsommerpflege in vier Schritten“ (1. Einengen, 2. Behandeln, 3. Auffüttern, 4. Behandeln) verfahren. Mit ihr wird erst nach Mitte August begonnen. Darüber mehr im nächsten Newsletter.

Die Jungvölker werden nur einmal, im September nach ihrer „Winter-Auffütterung“, mit Ameisensäure behandelt. Eine Behandlung vorher ist nicht notwendig, weil sie – im Mai als Brutableger gebildet – im Juni im brutfreien Zustand mit Milchsäure gegen die Varroamilbe behandelt worden waren. Außerdem verbietet sich eine frühe(re) Ameisensäurebehandlung der Jungvölker, weil diese im Juli/August noch relativ viel Brut und wenig Bienen haben. Eine Behandlung mit Ameisensäure im Sommer würde zu gewaltigen Brutschäden führen.

Eine „ReInvasion“ von Nachbarständen oder „wilden Bienenvölkern“, die den Behandlungserfolg zunichte macht, gibt es nicht. An Varroose zusammenbrechende Völker werden häufig von Nachbarvölkern beräubert. Die Räuberbienen tragen dann auch Milben ein. Es ist mehrfach belegt, dass nur maximal 5% der Milben, die den Zusammenbruch eines Bienenvolkes ausgelöst haben, in den räubernden Völkern landen und sich dort vermehren. Ihr Eintrag bzw. ihre Vermehrung ist durch Gemülldiagnose zu erkennen, bevor Gefahr im Verzug ist.

Deshalb ist die regelmäßige Gemülldiagnose zur Überwachung des Varroabefalls ein wichtiger Bestandteil der Spätsommer- und Herbstpflege von Jung- und Altvölkern. Wer beobachtet weiß Bescheid und ist vor Überraschungen geschützt.
Windeln einschieben, nach 3 (2-5) Tagen Windeln ziehen und Milben zählen und Milbenzahlen aufschreiben, Windeln putzen und bis zur nächsten Gemülldiagnose unter dem Blechdeckel aufbewahren. Keine Dauereinlage im Boden!

Wenn Gefahr im Verzug ist, schon im Juli mehr als 10 Milben pro Tag ohne Behandlung fallen, sollte möglichst bald eine Behandlung nach dem Konzept „Teilen und behandeln“ erfolgen. Wer Rat braucht schreibt an immelieb@t-online.de.

Der nächste Newsletter kommt Anfang August.

P.S. Am 15. Juli 18.30 Uhr strahlt 3sat einen Film aus über „Bienen im Dauerstress – Über den Überlebenskampf der Honigbiene“. In der Pressemitteilung werden „ambitionierte Forschungsprojekte und unkonventionelle Ideen“ angekündigt, „die helfen, die Zukunft der Bienen zu sichern.“ Ich bin gespannt.

Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.