Frühling im Februar

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In Kürze:

  • Das Wetter:
    Der Januar war winterlich kühl. Der Februar begann kalt und ist seit Monatsmitte frühlingshaft mild. So soll es vorerst auch bleiben. Wenn die Wetterprognose zutrifft, könnte diesem „Frühling im Februar“ ein bisschen „April“ folgen; denn Anfang März soll es wieder kühler werden.
  • Die Pflanzenwelt:
    Die Haselblüte ist bald vorbei, die Krokusse blühen noch, die Salweidenblüte steht vor der Tür.
  • Die Völker:
    Bei frühlingshaftem Wetter tragen die Bienen viel Pollen ein. Der meist gelbe Pollen dürfte zurzeit überwiegend von der Hasel stammen. Die Völker dehnen ihr Brutnest aus. Wenn die Salweide verfrüht blüht und genutzt werden kann, werden die Völker „in Schwung bleiben“ und bald –noch im Februar– mehr Brutzellen als Bienen haben!
  • Die Folgen:
    Der Futterverbrauch ist bereits auf etwa 2 kg/Woche angestiegen. Er wird hoch bleiben. Deshalb ist auf den Futtervorrat zu achten und –wenn notwendig– rechtzeitig nachzufüttern. Wenn noch nicht geschehen: Das Mäusegitter entfernen. Bei schwachen Völkern das Flugloch eng halten.

Was ist zu tun?

1. Futterkontrolle

Die Beurteilung des Futtervorrates beginnt mit der Gewichtskontrolle, bei der die Völker einfach hinten angehoben werden. Diese Hebekontrolle wird verbunden mit einer genauso einfach durchzuführenden Sichtkontrolle.

Die meisten Völker sitzen zurzeit (auch) oben bzw. direkt unter der Folie und in 3-6 Wabengassen. Wenn über oder hinter dem Bienensitz (vom Flugloch aus gesehen) in den besetzten Wabengassen verdeckeltes Futter zu sehen ist, kann man das Volk wieder abdecken, ohne Waben zu ziehen, und überprüft diesen Befund in den kommenden Wochen immer wieder in den für notwendig erachteten zeitlichen Abständen.

Wenn beim Blick von oben bei einem als „relativ leicht“ eingeschätzten Volk kein verdeckeltes Futter entdeckt wird ist eine genauere Überprüfung notwendig. Dazu wird eine nicht besetzte Randwabe nach vorsichtiger Lockerung gezogen (ohne Auslösung eines „Erdbebens“) und zur Seite gestellt. Danach werden die anderen Waben gezogen und –wie bereits die Randwabe- auf beiden Seiten auf Futtervorrat begutachtet. Sein Umfang wird in „Achteln der Wabenfläche“ erfasst.

Nach der Durchsicht eines Volkes zählt man zusammen, wie viele „Achtel verdeckeltes Futter“ sich auf den gezogenen Waben befanden. Acht Achtel entsprechen etwa 1 kg Futter. Man sollte füttern, bevor der Futtervorrat eines Volkes unter 3 kg sinkt.

Wenn bei der Futterkontrolle Waben gezogen werden kann man die Gelegenheit nutzen und Waben mit mehr Futtervorrat näher an den Bienensitz hängen. Völker mit (zu) wenig Futtervorrat können auch Futterwaben von Völkern mit (zu) viel Futtervorrat erhalten.

Wenn das nicht möglich ist muss rechtzeitig nachgefüttert werden, bevor der Futtervorrat zur Neige geht.

2. Die Nachfütterung

Am besten geeignet für die Nachfütterung im Frühjahr wäre Honig. Allerdings darf nur eigener einwandfreier Honig gefüttert werden; von fremden Honigen sind die Finger zu lassen. Bei diesen besteht immer die Gefahr, dass sie Sporen des Erregers der Bösartigen Faulbrut enthalten. Eine Verfütterung könnte die Völker anstecken. Wenn sie erkranken „hat man den Salat“ und andere in der Folge auch. Die Seuche kann leicht auf benachbarte Bienenstände übertragen werden. Der Schaden wäre enorm und eine Sanierung sehr aufwendig.

Wenn kein eigener einwandfreier Honig und keine sauberen Futterwaben vorhanden sind, weil alle Völker Hunger leiden, kann man durchaus zum festen Futterteig greifen; denn dieser kann ohne Verwendung einer Futtereinrichtung verabreicht werden.

Ein dünner Fladen wird unter der Folie einfach auf das Volk gelegt und mit dem gedrehten Innendeckel, der dann mit seiner Höhlung nach unten zeigt, abgedeckt. Man begnügt sich mit kleinen Portionen von maximal 1 kg und wiederholt die Fütterung, wenn die Tracht weiterhin auf sich warten lässt. Für die Verarbeitung des Futterteiges wird Wasser benötigt. Deshalb sollte bei Futterteigfütterung Flugwetter herrschen.

Eine andere Fütterungsvariante, die ohne Wabenziehen auskommt und bei der die Völker kein Wasser holen müssen, ist die Flüssigfütterung von unten. Dazu wird eine flache mit Zuckerwasser oder Sirup gefüllte Schale in den Gitterboden direkt unter den Bienensitz gestellt. Die lichte Höhe des Gitterbodens bestimmt die Tiefe der Schale. Je nachdem wie lang und breit sie ist kann eine Schale bis zu 3 Liter Flüssigkeit fassen. Schwimmhilfe nicht vergessen!

Auch bei sehr kühlen Temperaturen nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt sitzt kurze Zeit nach dem Einstellen des Futters eine aus den Wabengassen über der Schale hängende Bienentraube auf der Schwimmhilfe und leert die Schale in beeindruckender „Teamarbeit“. Bei normalstarken Völkern ist die Schale nach einer Nacht leer und trocken und die Bienentraube hat sich in ihre Wabengasse(n) zurückgezogen.

Auch oder gerade bei der Fütterung von unten ist Vorsicht angeraten. Bei Flugwetter kann Räuberei ausgelöst werden. Dagegen hilft ein zuvor (wieder) eingeengtes Flugloch oder bei Flugbetrieb die Fütterung von oben oder von der Seite.

3. „Völker sind schwach“. Was nun?

Der Winter 2018/19 war relativ mild. Wenn Völker schwächer ausgewintert haben als erwartet kann das nicht am Wetter gelegen haben; denn milde Winter werden von Bienenvölkern besser überstanden als kalte Winter. Mögliche Ursachen für schwache Auswinterung sind „zu hohe Varroalast im Spätherbst/Frühwinter“ und (deshalb) „zu schwach eingewintert“.

Sehr schwache Völker können saniert werden, indem man sie für 3-4 Wochen über Absperrgitter auf sehr starke Völker setzt. Diese Doppelvölker werden nur gebildet, wenn das schwache Volk nicht sichtbar krank ist, und erst dann, wenn im starken Volk die erste Brut im großen Umfang am Schlüpfen ist. In 2019 dürfte das noch vor Mitte März der Fall sein. Wenn alle Völker schwach sind, dann bleibt nur: Abwarten.

4. Die Beurteilung des Totenfalls

Während des Winters verliert ein gesundes Bienenvolk täglich 10-50 Bienen. In milden Wintern und bei gesunden Völkern gehen die meisten dieser Bienen fliegend ab. In kalten Wintern und bei kranken Völkern sammelt sich ein Großteil des Bienenabgangs als Totenfall im Boden an.

Besonders bei schwach ausgewinterten Völkern lohnt sich ein Blick hinter das Mäusegitter. Wie viel Totenfall hat sich dort angesammelt? Wenn sich Totenfall am Mäusegitter angehäuft hat, dann kann die Gewichtskontrolle mit einem Blick in oder auf den Gitterboden verbunden werden. Dazu wird die untere Zarge hinten vom Gitterboden gelöst, etwas nach hinten gezogen und leicht angekippt. Wenn sich viel Totenfall im Gitterboden angesammelt hat, dann lohnt sich seine Reinigung nach Umsetzen des Volkes auf einen sauberen Boden. Zuerst wird das komplette Volk zur Seite gestellt und an seinen Platz ein sauberer Boden gesetzt. Dann wird das Volk von seinem Boden abgehoben und zurückgesetzt. Der Totenfall wird entfernt. Der gesäuberte Boden kann beim nächsten Volk zum Umsetzen genutzt werden.

Eventuell lohnt es sich, den Totenfall Volk für Volk in Plastiktüten zu sammeln und später seine Menge durch Wiegen zu bestimmen. Man kann ihn auch auf Varroabefall untersuchen (siehe Punkt 5.) und die Ergebnisse mit den bei der Spätsommer- und Herbstpflege und bei der „Restentmilbung“ gemachten Notizen vergleichen. Das Mäusegitter wird entfernt, wenn jeden Tag tagsüber Flugwetter herrscht.

5. „Volk ist tot.“ Was tun?

Der Befund „Volk im Winter verstorben“ muss eine Ursachenfindung zur Folge haben. Für die Untersuchung des verstorbenen Volkes kann man sich um die Hilfe eines Bienensachverständigen bemühen. Im Verein nachfragen. Unabhängig davon gilt: Weggeräumt werden muss auf jeden Fall. Dabei kann man Anzahl und Varroabefall der toten Bienen ermitteln.

Wenige tote Bienen (< 3 Honiggläser voll) im Boden deuten auf „Tod durch Varroa“ hin. Dann findet man häufig auf einer Brutwabe neben abgestorbener Brut inmitten eines Häufleins toter Bienen die tote Königin.

Der „Tod durch Varroa“ kann auch nach oder trotz „Restentmilbung“ im Frühwinter auftreten, wenn diese zu einem Varroa-Abfall von mehr als tausend Milben geführt hat. Die bereits zuvor geschädigten Winterbienen sind frühzeitig abgegangen.

Bei dem Befund „viele tote Bienen im Boden und in den Wabengassen“ sollten die verstorbenen Bienen in einem Eimer gesammelt und ebenfalls abgemessen werden. Sie können bis zu 20 Honiggläser füllen.

Wenn das Volk verhungert ist, darf sich in der Nähe des Bienensitzes kein Futter befinden. Allerdings ist auch der Hungertod nach „Futterabriss“ möglich. Zur Ermittlung des Varroabefalls werden die in Honiggläsern gesammelten toten Bienen in Spülwasser ausgewaschen. Dazu wird ein Honigglas etwa zur Hälfte mit Bienen gefüllt und anschließend Wasser und Spülmittel dazu gegeben, verschlossen und geschüttelt. Danach wird der Inhalt des Glases auf ein Doppelsieb geschüttet und die Bienen gründlich geduscht. Die Milben sind anschließend im Feinsieb zu finden.

Bei einem Befallsgrad der Bienenprobe von über 10% (bei einem mit Bienen halb gefüllten Honigglas ist das bei mehr als 50 Milben der Fall) liegt eindeutig „Tod durch Varroa“ vor. Dann hätte aber die „Restentmilbung“ versagt.

Verwerten der Waben

Dem Tod eines Bienenvolkes geht meist ein langes Siechtum voraus. Die letzten Bienen sind einer starken Belastung ausgesetzt. Diese Stresssituation fördert die Vermehrung von Krankheitserregern, die auch im Kot zu finden sind. Von Kotspuren auf Waben geht Ansteckungsgefahr für Putzbienen aus. Dieses Risiko sollte man nicht eingehen und deshalb nur saubere Futterwaben aufbewahren und verwerten. Verkotete Waben und Waben mit abgestorbener Brut sind dem Wachsschmelzer zuzuführen und die Rähmchen anschließend zu reinigen.

Ein erster Blick auf die Auswinterung 2019

Auch in 2019 werden die Vortragsveranstaltungen im Frühjahr für eine Umfrage genutzt, bei der die Teilnehmer nach der Anzahl der eingewinterten und ausgewinterten Völker gefragt werden.  Die Angaben sind freiwillig und bleiben anonym.

Diese Umfrage wird seit 2013 durchgeführt (Abb.). Die Befragung von bisher 86 Imkern reicht aus um festzustellen:

  • Wie in den Jahren zuvor schwankt auch in 2019 die Verlustquote zwischen Null und 100 Prozent.
  • Der Anteil der im Winter verstorbenen Völker dürfte in 2018/19 ähnlich hoch liegen wie in den Wintern zuvor.
  • Für jeden Winter, auch für die „verlustreichen“ Winter galt und gilt, dass die Hälfte der Imker keine oder nur wenige Völker (<10%) verloren hat.
  • Völkerverluste sind daher eher auf individuelle Fehler zurückzuführen als auf die Umwelt. Es galt und gilt, in Stadt und Land: „Der Fehler steht hinter dem Kasten.“

Abb.  Die Völkerverluste der Winter 12/13 bis 17/18  im Vergleich und mit dem Ergebnis der beiden ersten Umfragen von 2019 (n= Anzahl der Imker). Die Zahlen im grünen Säulenabschnitt geben den Anteil der verstorbenen Völker der im Februar/März/April befragten Imker an.

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Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.

10 Kommentare zu "Frühling im Februar"

  1. Hallo Dr. Liebig,
    wie immer ein hilfreicher und sehr interessanter Kommentar von Ihnen zur derzeitigen „Imkerlage“. Vielen Dank für Ihre Mühe und schöne Grüsse

  2. Vielen herzlichen Dank Herr Liebig für die kompetente, leicht verständliche, detailliere und zeitnahe Information. Es ist schon grossartig, dass Sie uns diese Informationen einfach so zur Verfügung stellen.
    Gruss Peter Falk, St. Gallen

  3. Bei all dem Unsinn der im Netz verbreitet wird,sind Ihre Veröffentlichungen einfach eine Wohltat!
    Vielen Dank und alles Gute für Sie!

    • Da kann ich nur vollinhaltlich zustimmen! Die Methoden von Dr. Liebig haben auch mir geholfen alle Völker gut über den Winter zu bekommen – was vorher nicht immer der Fall war. Danke für den fundierten und sehr präzisen Input!

  4. Hallo Herr Dr. Liebig, bin seit einem Jahr „Hobbyimker“ in der Nähe von Stuttgart und habe Sie daher knapp verpasst – Sie sind ja nun nicht mehr in Hohenheim, sondern im „Pott“. Schade, denn ich bin aus der Ferne ein Fan Ihrer guten und klaren Darstellungen geworden! Weiter so! Viele liebe Grüße aus dem Ländle, Stephan Lenz

  5. Hallo Herr Liebig,
    Ich bin alter Neuimker und seit gestern Vorsitzender des Bezirksimkervereins Schömberg. Ich kann mich nur den “Vorrednern“ anschließen. Ihre Berichte und die von Frau Aumeier sind mir bisher eine grosse Hilfe gewesen. Mir gefällt die klare Orientierung an wissenschaftlich belegbaren Fakten. Für mich als Neuling ist gerade die Gewichtsschätzung wegen der Futterversorgung ein Problem. Ich bin dabei auf ein Projekt von 3 jungen Studenten der Hochschule Karlsruhe gestossen (HoneyPi) und habe mir mit deren Hilfe eine Bienenstockwaage gebaut. Ich freue mich auf Ihre weiteren Veröffentlichungen.
    Gruss Dieter Erb

  6. Hallo Herr Liebig,

    wie immer kurz und knapp alle wichtigen Punkte erklärt. Ich habe durch Ihr Buch, Ihre Beiträge und Videos von Frau Aumeier tatsächlich alle vier Völker gut durch den ersten Winter bekommen.

    Danke 🙂

    Herzliche Grüße aus Münster

    • Guten Morgen
      A-A-K-See & Dr.Liebig
      Sehr gut das IHR Imker* das weiter leitet
      Zeigt doch wieder wie TOPP die Seite, E-F-imkern ist,eine RUNDE SACHE
      Von der Zeit ganz zu schweigen die Er aufgebracht hat.
      Und das die guten Vorträge/ Besuche von Dr.Liebig waren.
      Lob in schärfster Form.Wo sind in unseren Bienenpflege solche
      Berichte?Ja jetzt 2019 von Dr.Liebig.☺
      MfG R.E

      uns Imker* waren & jetzt noch gute Früchte tragen weiter so
      Die Seite E*F*imkern ist eine RUNDE Sache

  7. Guten Morgen
    A-A-K-See & Dr.Liebig
    GUTE INFO.ZEIGT doch wieder,daß all die Jahre die Dr.Liebig
    uns Imker gezeigt hat.Wie viel Zeit & aktuelle Info Er aufgebrachte
    Diese Seite Einfach imkern ist eine RUNDE Sache
    MfG R.E weiter so

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