Die „Spätsommerpflege in vier Schritten“ steht an

Liebig Dispenser
Der Liebig Dispenser (LD) wird bei der Spätsommerpflege als Verdunster eingesetzt.

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In Kürze:

  • Ab heute ist es sommerlich warm und soll es sommerlich warm bleiben. Das ideale Wetter für die Spätsommerpflege der Altvölker, die nicht nach dem „Tub“-Konzept geführt werden.
  • Diese Altvölker haben (bei mir) nur wenige Milben. Ihr natürlicher Milbenfall liegt deutlich unter 10 Milben/Tag.
  • Noch weniger Milben haben die Jungvölker. Sie werden erst nach der Auffütterung im September behandelt, auch um Brutschäden zu vermeiden.
  • Alt- und Jungvölker  tragen Pollen und auch etwas Nektar ein. Beim Einengen der „Brutvölker“, die bei der Teilung von Altvölkern Anfang August entstanden sind, spritzt es aus den Waben. Dennoch ist auf ausreichende Futterversorgung achten.

Tipps zur Durchführung der „Spätsommerpflege in vier Schritten“

Der erste Schritt: Das Einengen
In der Regel haben die Altvölker nach dem 20. August in der unteren Zarge keine Brut mehr. Ausnahmen sind möglich und besonders wahrscheinlich, wenn die obere Brutraumzarge viel Honig enthält, was bereits beim Abheben an ihrem Gewicht zu erkennen ist.

Das Einengen des Altvolkes beginnt mit dem Abheben des seit der Sommerhonigernte leichten Honigraumes. Er wird „hochkant“ zur Seite gestellt. Dann wird die obere Brutraumzarge abgehoben und ebenfalls „hochkant“ zur Seite gestellt. Als nächstes wird die untere Brutraumzarge auf die umgedrehte Blechhaube gesetzt. Bei dieser Gelegenheit wird erfasst, wo die unten hängende Bienentraube ihr Zentrum hat. Danach wird die obere Brutraumzarge auf den Gitterboden gesetzt.

In der unteren Brutraumzarge wird eine Randwabe gezogen und zur Seite gestellt. Das mutmaßliche Zentrum des Bienensitzes wird durch Verrücken von Waben en bloc freigelegt. Eine zentrale Wabe wird gezogen und auf Vorhandensein von Brut kontrolliert. Bei ihren Nachbarwaben gelingt das ohne Ziehen. Waben mit viel Brut werden gegen Randwaben der oberen Brutraumzarge ausgetauscht. Diese wechseln anschließend in den aufgesetzten Honigraum.

Nach dieser Vorbereitung werden die Waben der unteren Brutraumzarge gezogen und ihre Bienen auf das Volk in eine vorher aufgesetzte Leerzarge geschüttelt. Sie verbleibt auf dem Volk, das mit Innendeckel und Blechhaube verschlossen wird.

Die abgeschüttelten Waben werden in einer zweiten Leerzarge gesammelt und bis zum Abtransport bienendicht abgedeckt. (Eine dritte Leerzarge dient als Unterlage für die umgedrehte Blechhaube, auf die die untere Brutraumzarge gesetzt wird.)

Das nächste Volk bitte! Jedes Volk erhält eine Verhaltensnote.

Der zweite Schritt: Die AS-Behandlung
Sie erfolgt unmittelbar nach dem Einengen oder auch erst dann, wenn es laut Wetterprognose tagsüber sommerlich warm werden soll.

Säurefeste Handschuhe anziehen, Volk öffnen (Blechhaube und Deckel abheben), Dispenser mit aufgelegtem Docht auf das Volk legen, AS-Flasche aufschrauben, sich vergewissern, dass der Tropfauslauf im Flaschenhals steckt, Flasche so auf die drei Dorne des Dispensers stülpen, dass sie auf dem Docht aufsitzt, Verschlusskappe auf den Flaschenboden legen, Volk mit Innendeckel verschließen, auf den Innendeckel die Folie deponieren, Blechhaube auflegen und mit einem Stein beschweren.
Das nächste Volk bitte!

Der dritte Schritt: Die Futtergabe
Am Abend! Säurefeste Handschuhe anziehen, Volk öffnen (Blechhaube und Deckel abheben), Ameisensäureflasche (sie sollte nach 3 Tagen leer sein) abheben und zuschrauben, Dispenser mit Docht entfernen und mit der Flasche in einen Eimer oder in eine Stapelbox legen. Leerzarge abheben, Folie so auf das Volk legen, dass vorn oder hinten ein Spalt bleibt, Leerzarge aufsetzen, Stapelbox einstellen und mit 12 Liter (oder mehr) Sirup füllen. Schwimmhilfe auf dem Sirup ausbreiten und eventuell auch eine Aufstieghilfe einrichten. Eventuell auch eine Sirupspur legen, ohne Räuberei auszulösen!
Das nächste Volk bitte!

Der vierte Schritt: Die zweite AS-Behandlung
Sie wird nach Abschluss der Auffütterung bei passender Witterung durchgeführt.

Der „Teufel“ steckt im Detail. Worauf bei der Ameisensäurebehandlung zu achten ist:

Ein ausreichend hoher Behandlungserfolg der Ameisensäure setzt eine Mindestmenge an verdunsteter Ameisensäure pro Zeiteinheit voraus. Diese Verdunstungsleistung ist wiederum abhängig von der Konzentration, von der Außentemperatur, von der Dochtgröße, von der Stärke des Volkes und auch davon, ob es im Schatten oder in der Sonne steht.

Für die wirksame Behandlung von 2-Zargen-Völkern sollte es tagsüber deutlich wärmer als 20° C werden. Bei sehr hohen Temperaturen (>30 ° C) wird eine kleinere Dochtfläche gewählt. 1-Zargen-Völker werden in der Regel mit kleineren Dochten behandelt als 2-Zargen-Völker.

Es ist grundsätzlich falsch, gekühlte Ameisensäure zu verwenden! Diese dehnt sich in der Flasche rasch aus, wenn  sie auf das warme Volk gestellt wird. Die Ameisensäure tropft dann nicht mehr aus dem Topfauslauf, sondern fließt, und zwar mehr als der Docht aufnehmen kann. Vom tropfnassen Docht tropft dann die Ameisensäure ins Volk mit entsprechenden Folgen.  Die Kombination, die Völker bei Hitze mit kleinem Docht und gekühlter Ameisensäure zu behandeln, endet am ehesten in einer Katastrophe.

Solche Überdosierungen treten sehr häufig bei „Schockbehandlungen“ auf, bei der die AS anfangs schlagartig und damit verbunden meist zu viel auf einmal verdunstet. Die Bienen brausen auf, geraten in Panik, weichen aus, verlassen dabei die Brut und ziehen auch (vorübergehend) aus. Die Brut bleibt ungeschützt zurück. Die Folgen: Es sterben nicht nur Milben, sondern auch offene Brut und während der Behandlung schlüpfende Bienen. Diese tauchen später als Totenfall am Flugloch auf.

Ein Vertreter der Schockbehandlung ist das „Schwammtuch“. Es gibt viele Varianten; denn bei der Anwendung ist der Beutentyp, die Volksstärke und die Witterung zu beachten. Man kann die „Schockwirkung “ reduzieren, indem man die AS verdünnt oder niedriger dosiert. Bei diesem Bemühen kann es leicht zu Unterdosierungen kommen. Die mehrfache Wiederholung der Behandlung ist auch keine Lösung; denn viele schlechte Behandlungen machen noch keine gute.

Besser geeignet für die Behandlung mit Ameisensäure, die nicht nur eine hohe Wirkung zeigt, sondern auch Bienen und Brut schont und die Königin am Leben lässt, sind „Vakuumverdunster“. In Deutschland sind sie für die Verwendung von AS 60% „ad us. vet.“ zugelassen. Zu den Vakuumverdunstern zählen der „Nassenheider vertikal“, der „Nassenheider horizontal“ und der „Nassenheider professional“ sowie die Medizinflasche mit Tropfauslauf, die entweder mit oder ohne Teller und ausschließlich von oben in einer Leerzarge eingesetzt wird.  Eine „Mit-Teller-Variante“ ist der in der Schweiz hergestellte „Liebig-Dispenser“. Er ist einfach in der Anwendung. Die Verdunstung der Ameisensäure kann über die Dochtgröße gesteuert werden.

Die Entwicklungsgeschichte des „Nassenheiders“ von „vertikal“ über „horizontal“ zu „professional“ zeigt, dass sich auch beim Hersteller des „Nassenheiders“ die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Behandlung von oben besser wirkt als die Behandlung von der Seite in einem Rähmchen, das an den Rand des Brutnestes gehängt wird.

Alle Vakuumverdunster können mit AS 60% oder auch mit AS 85% verwendet werden. In 2014 wurde AS 85% unter der Bezeichnung „AMO Varroxal 85%“ in Österreich zugelassen. Die Abgabe erfolgt dort rezeptfrei über Apotheken, Drogerien und den Imkereifachhandel.

In Deutschland ist seit Sommer 2014 auch das Produkt „MAQS®“ (Mite Away Quick Strips“) zugelassen. Laut Produktbeschreibung enthalten die verpackten Strips 46,7% Ameisensäure. Der intensive Ameisensäuregeruch, der dem Anwender beim  Öffnen der Verpackung unweigerlich in die Nase kommt, deutet daraufhin, dass die Strips mit einer wesentlich höher –vermutlich weit mehr als 60%- konzentrierten Ameisensäure befüllt worden sind. Dafür spricht auch, dass sich mit ihnen eine gute Wirkung auch bei kühlen Temperaturen erzielen lässt. Bei hohen Temperaturen ist mit Brutschäden zu rechnen.

Ameisensäure wirkt auch in die verdeckelte Brut und tötet dort Milben ab. Deswegen genügt eine Kurzzeitbehandlung von wenigen Tagen. Bei einer wochenlangen Dauerbehandlung gehen die Völker  leicht aus der Brut! Jedem Brutknick folgt ein Bienenknick.

Die in der Brut getöteten Milben fallen erst, wenn die behandelte Brut schlüpft. Der durch eine 1-3 Tage dauernde Ameisensäurebehandlung ausgelöste Milbenfall hält nach Abschluss der Behandlung fast 14 Tage an. Erst danach stellt sich wieder natürlicher Milbenfall ein. Das gilt es bei der Kontrolle des Behandlungserfolges zu beachten, wenn diese über die Gemülldiagnose erfolgt, mit der der natürliche Milbenfall vor der Behandlung mit dem natürlichen Milbenfall nach der Behandlung verglichen wird.

Anwenderschutz

Das Hantieren mit offener Ameisensäure am Bienenvolk ist zu vermeiden. Diesbezüglich bieten die Medizinflaschen den Vorzug, dass sie zu Hause unter Beachtung der Arbeitssicherheit gefahrlos abgefüllt und gut verschlossen aufbewahrt und zum Bienenstand transportiert werden können.  Die Behandlung eines Volkes ist im Handumdrehen erledigt. Es besteht keine Gefahr, dass der Anwender Ameisensäure auf die Hand oder in die Nase bekommt. Dennoch auch vor dem Aufschrauben und Aufstülpen der Flasche auf den Dispenser Handschuhe anziehen.  Und bei jeder Flasche sofort nach dem Aufschrauben sich vergewissern, dass der Tropfauslauf in der Flasche steckt und nicht in ihrer Verschlusskappe!

Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.

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