Die Spätsommerpflege läuft

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In Kürze:

  • Auf Räuberei achten!
  • 1-Zargen-Völker (Jungvölker, Fluglinge, Brutvölker) nicht zu schnell auffüttern, aber auch nicht hungern lassen
  • Altvölker (=2-Zargen-Völker) nach wirksamer erster Ameisensäurebehandlung zügig auffüttern

Was an den Völkern zu tun ist richtet sich auch im Spätsommer nach der Tracht, die da und dort verschieden sein und sich immer ändern kann. Als Stichworte seien genannt: Indisches Springkraut und Efeu (vielerorts möglich), Heide und Tanne (nur an bestimmten Orten möglich). Und über Allem steht immer das Wetter.

Die einfachste Unterscheidung für alle Standorte ist: „Es honigt“ oder „Es honigt nicht“. Der Zustand „Es honigt nicht“ trifft im Westen zurzeit wahrscheinlich auf fast alle Bienenstände zu. Das Indische Springkraut blüht und wird beflogen, was man leicht am Flugloch an den als „Glühwürmchen“ dauerhaft gekennzeichneten Sammlerinnen erkennen kann. Ob und wie viel Nektar eingetragen wird hängt vom Standort ab und kann mit Gewichtskontrollen beurteilt werden. Als Orientierung hilft eine in der Region aufgestellte, selbst registrierende elektronische, öffentlich (über das Internet) zugängliche Stockwaage, wie die am Lehrbienenzentrum Witten-Hohenstein.

Wenn es nicht honigt, und das ist im Spätsommer die Regel, muss auf ausreichende Futterversorgung und Räuberei geachtet werden. Fluglöcher klein halten und selbst keinen Anlass zur (erfolgreichen) Nahrungssuche am Stand geben! Abends füttern und kein Zuckerwasser oder Sirup verschütten!

Woran ist zu erkennen, dass ein Volk ausgeräubert wird?

  • An seinem Flugloch herrscht starker hektischer Flugbetrieb. (Es könnte auch der „Räuber“ sein!)
    Der Stockeingang ist (leicht) verschmutzt. (Das ist beim „Räuber“ nicht der Fall.)
  • Bei der Gemülldiagnose finden sich viele grobe Wachsteilchen in der Windel. (Diese fallen auch an, wenn man  geschleuderte Honigwaben aufgesetzt oder eingehängt hat.)
  • Auf plötzlichen Lichteinfall beim Abheben des Innendeckels reagieren im Stock eingedrungene Räuber sofort. Sie wollen nach oben wegfliegen und prallen dabei immer wieder gegen die noch aufliegende Folie. Wenn auch diese entfernt wird suchen die Räuber die Höhe bzw. das Weite.
  • Räubernde Bienen, egal wo man sie antrifft, am Stockeingang, auf den Futterwaben oder im Futtergefäß des beräuberten Volkes, sind in der Regel „schwarz gekleidet“. Sie haben im „Kampfgetümmel“ ihre Haare verloren.
  • Am Stockeingang oder im Stock sind auch vermehrt Wespen anzutreffen. Diese dringen besonders dort ein, wo sie auf wenig Gegenwehr stoßen.

Was tun, wenn ein Volk ausgeräubert wird?

  1. Sein Flugloch (und eventuell auch das der Nachbarn in Vorbereitung von Punkt „4.“) auf eine Bienenbreite einengen.
  2. Das eingeengte Flugloch so mit einem Stein, einem kleinen Brett, etwas Gestrüpp, einer kleinen Glasscheibe oder einem kleinen Spiegel verbarrikadieren, dass Anflug und Abflug erschwert  werden.
  3. Das Flugloch abends nach Einstellen des Flugbetriebes verschließen (bei unten offenem Gitterboden) und am nächsten Tag erst wieder öffnen, wenn keine Räuber mehr am Flugloch auftauchen. Das kann durchaus bis zum späten Nachmittag dauern. Dann Flugloch nur eine Bienenbreite öffnen und eventuell sofort (vorübergehend) verbarrikadieren.
  4. Das beräuberte Volk an einen anderen Stand außerhalb des Flugkreises verbringen. Dort auf jeden Fall Punkt „1.“ oder auch Punkt „2.“ bedenken. Das Entfernen eines beräuberten Volkes hat häufig zur Folge, dass die bis dahin erfolgreichen Räuber es (verstärkt) bei dessen Nachbarn versuchen. Das kann durch Aufstellen einer leeren Beute unterbunden werden. Sie wird entfernt, sobald sie nicht mehr von Räubern aufgesucht wird.

Wie sehen die Völker aus? Was ist an ihnen zu tun?

Bei der Spätsommerpflege unterscheiden wir vier  Volkstypen: Jungvölker, Fluglinge und Brutvölker, die aus der Teilung von Altvölkern nach dem „TuB-Konzept“ hervorgegangen sind, und Altvölker, die nach dem „A+plus-Konzept“ geführt wurden bzw. werden.

  1. Die Jungvölker sind aus im Mai/Juni gebildeten Brutablegern oder Begattungsvölkchen entstanden und wurden im brutfreien Zustand mit Milchsäure gegen die Varroamilbe behandelt. Ihr erster Brutsatz ist ab Ende Juni/Anfang Juli geschlüpft. Seitdem wachsen sie, anfangs langsam, im Spätsommer schneller. Sie wurden und werden fortlaufend gefüttert mit einem neben dem Bienensitz gestellten schmalen Futtergefäß (Tetrapak, Futtertasche) und mit Mittelwänden erweitert. Der Zustand der Jungvölker wird von oben beurteilt mit „Anzahl besetzter Waben(gassen)“. Während der ersten Septemberdekade sollte die achte Wabe als Mittelwand gegeben und bei gleichzeitiger Futtergabe rasch ausgebaut werden. Danach wird die Zarge auf 10 Waben aufgefüllt und das noch notwendige „Winterfutter“ von oben in einer aufgesetzten Leerzarge gereicht, die nach Abschluss der Winter-Auffütterung für die Behandlung mit Ameisensäure genutzt wird.
    Besonders starke Jungvölker, die bereits eine Zarge füllen, können vor der Auffütterung auf zwei Zargen erweitert werden. Solche Jungvölker sind 2013 sehr selten, was vielleicht auf die bienenwidrigen Startbedingungen im Frühjahr/Frühsommer zurückzuführen ist. Deshalb ist wohl auch damit zu rechnen, dass ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Jungvölkern (>20%) im Oktober nicht stark genug für eine sichere Überwinterung ist. Wir beurteilen und entscheiden erst im Oktober.
  2. Die Ende Juli gebildeten und im brutfreien Zustand behandelten Fluglinge sind bis zum Schlupf des ersten Brutsatzes stark geschrumpft. Deshalb ist auch bei ihnen das Flugloch eingeengt. Seit Mitte August wachsen sie wieder.  Sie werden wie Jungvölker beurteilt und gefüttert. Wenn die Fütterung über eine aufgesetzte Leerzarge erfolgt, macht es dem Brutvolk, das seit der Teilung auf dem Flugling sitzt, nichts aus, dass es nach der Erweiterung des Fluglings (vorübergehend) eine Etage höher sitzt. Seine Flugbienen sind nur kurze Zeit irritiert. Das Höhersetzen sollte aber erst erfolgen, wenn die Nachschaffungskönigin des Brutvolkes mit der Eiablage begonnen hat. Wenn der Flugling vorher gefüttert werden muss, dann wird fluglochfern ein schmales Futtergefäß im Tausch gegen zwei leere Randwaben eingestellt.
  3. Die Brutvölker wurden 21(-23) Tage nach der Teilung eingeengt (dabei die Altwaben entfernt) und anschließend im brutfreien Zustand gegen die Varroamilbe behandelt. Sie sollten dann eine Zarge mit Bienen füllen. Etwa eine Woche später vergewissert man sich, ob die Nachschaffungskönigin mit der Eiablage begonnen hat und beurteilt die Futterversorgung. Die Fütterung erfolgt von oben, anfangs in kleinen Portionen. Bis zum Schlupf der ersten Brut verlieren die Brutvölker an Stärke. Dann (nach Mitte September) wachsen sie wieder.
    Weisellos gewordene Brutvölker werden sofort aufgelöst oder auch mit einer begatteten Königin beweiselt.
  4. Die Altvölker wurden zwischen Mitte und Ende August von drei auf zwei Zargen eingeengt (dabei die Altwaben des unteren Brutraums entfernt) und nach dem Einengen mit einem Dispenser und 100 ml Ameisensäure gegen die Varroamilbe behandelt. Bei sommerlichen Temperaturen waren die Flaschen nach 3-4 Tagen leer. An sehr schattigen und windgeschützten Ständen war das in der letzten Augustwoche nicht immer der Fall. Dort wurde die Behandlung sofort mit zwei Dispensern wiederholt.
    Der durch die Behandlung ausgelöste Milbentotenfall hält solange an, bis die während der Behandlung vorhandene verdeckelte Brut geschlüpft ist; denn die in der verdeckelten Brut getöteten Milben können erst fallen, wenn diese Brut schlüpft. Da die meisten Völker erst Ende August behandelt worden sind, kann erst im nächsten Newsletter eine Vergleich des natürlichen Milbenfalls vor der Behandlung mit dem durch die Behandlung ausgelösten Milben(toten)fall bzw. mit dem natürlichen Milbenfall nach der Behandlung angestellt werden.
    Nach der Ameisensäurebehandlung wurde den Altvölkern der Dispenser entnommen, die Folie so auf die obere Zarge gelegt, dass hinten ein Spalt offen blieb, so dass die Bienen in die aufgesetzte Leerzarge gelangen und dort Futter (Sirup oder Zuckerwasser) aus einem eingestellten Gefäß (Stapelbox, Futtertasche, Schale oder mehrere Tetrapaks) holen können. Das Futter kann in einer großen Portion (bis zu 20 Liter) oder in kleineren Portionen gegeben werden. Schwimmhilfe und Aufstieghilfe nicht vergessen! Die Auffütterung von 2-Zargen-Völker sollte bis Mitte September abgeschlossen sein.

Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.