Die Stärke und das Gewicht der Völker beurteilen. Und: Milben zählen!

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In Kürze

  • Das Wetter:  Der September war durchgehend kühl. Der Oktober begann „golden“. Dann kehrte der Herbst zurück. Heute am frühen (!) Morgen: Raureif auf Bochums Flachdächern und im Gras vor dem Bienenstand. Doch soll es noch einmal wärmer werden. Abwarten.
  • Die Völker: Sie sind (hoffentlich) stark genug und (hoffentlich) ausreichend mit Futter versorgt und haben (hoffentlich) wenige Milben. Überprüfen. [Und rechtzeitig Mäusegitter anbringen.]
  • Die Tracht: Senf und Efeu (und andere Pflanzen) blühen und werden beflogen, wenn es warm genug ist. Genießen.

Kurzer Rückblick:
Im Spätsommer und Frühherbst spielte das Wetter mit (auch hier im Westen), sodass die bei der Spätsommer- und Herbstpflege anfallenden Arbeiten planmäßig durchgeführt werden konnten.

  • Ende August war es warm genug für die erste Behandlung der Altvölker mit Ameisensäure unmittelbar nach dem Einengen.
  • Der September war durchgehend sehr kühl. Alt- und Jungvölker konnten „in aller Ruhe“ aufgefüttert werden.
  • Anfang Oktober wurde es noch einmal sommerlich warm und gab Gelegenheit für eine weitere gut wirkende Ameisensäurebehandlung. Die Altvölker wurden ein zweites Mal behandelt, die Jungvölker nach Plan das erste und einzige Mal.

Es dauert etwa 14 Tage, bis die Wirkung der Ameisensäure in die verdeckelte Brut abgeklungen ist und sich wieder natürlicher Milbenfall einstellt. Mit einer Gemülldiagnose wird in der zweiten Oktoberhälfte überprüft, mit welchem „Restbefall“ die Völker in den Winter gehen. Weil sowohl bei der ersten Behandlung Ende August als auch bei der zweiten Anfang Oktober die Ameisensäure ausreichend rasch verdunstete, ist davon auszugehen, dass die Varroa-Saison 2015 auch bis zu ihrem Ende normal verläuft und als nächster und letzter Schritt die Restentmilbung im Spätherbst/Frühwinter ansteht. Und anders als im Vorjahr keine „Extras“ notwendig sind.

Die Kontrolle der Volksstärke

Nach frostig-kühler Nacht (und bevor der Flugbetrieb einsetzt) kann die Stärke der Völker ohne Wabenziehen sicher beurteilt werden.
Bei 1-Zargen-Völkern genügen ein Blick von oben und ein Blick von unten nach vorsichtigem Abheben und Ankippen der Zarge. Dieser Blick von unten ist auch durch den Gitterboden (mit Taschenlampe) möglich! Bevor man die komplette Beute auf die Stirnseite stellt sollte man sie mit einem Gurt umspannen.
Beim Blick von oben und von unten werden die von Bienen besetzten Wabengassen gezählt. Die äußeren sind deutlich schwächer besetzt als die mittleren. Die Bienentraube (sie ist von den besetzten Waben in Scheiben geschnitten) hat die Form einer Kugel oder Ellipse und sitzt in Fluglochnähe unter einem mehr oder weniger breiten Futterkranz. Bei starken Völkern hängt ein Teil der Traube, dort wo sie die größte Ausdehnung hat (in ihrer Mitte), im Gitterboden. Auch wenn dieser unten offen ist, weil keine Windel einliegt.
Im Zentrum der Bienentraube wird in der Regel noch (etwas) Brut auf 1, 2 oder 3 Waben gepflegt. Die relativ kleinen Brutflächen sind von Bienenbrot-Zellen umgeben. Diese sieht man nur, wenn man Waben zieht.

Die Bienentraube der 2-Zargen-Völker befindet sich in der Regel überwiegend in der unteren Zarge. Dort wird auch die „letzte“ Brut gepflegt.

Zur Beurteilung der Volksstärke wird die obere Zarge abgehoben und zur Seite gestellt. Dann wird so vorgegangen wie bei den 1-Zargen-Völkern: Anzahl (und Ausdehnung) der besetzten Wabengassen in der unteren Zarge von oben und von unten feststellen und anschließend das Volk wieder zusammensetzen.

Nach frostig-kühler Nacht ist das frühmorgens ohne Rauch möglich. Beim Öffnen der Völker und beim Trennen und Abheben der Zargen keine Erschütterungen auslösen!

Bei der Bewertung der festgestellten „Anzahl der von Bienen besetzten Wabengassen“ muss die Ausdehnung des Bienenbesatzes jeder Wabengasse und seine Bienendichte bedacht werden.

Die meisten Bienen befinden sich in der bzw. den zentralen Gassen der Traube. Die „Bienenscheibe“ einer Wabengasse hat etwa 20 cm Durchmesser, wenn Bienen „oben“ sehr nahe am Oberträger des Rähmchens sitzen und die Traube „unten“ die Rähmchenunterleiste erreicht oder sogar bedeckt. Bei einer „Traubenkugel“ sind die Scheiben fast kreisrund, die äußeren Scheiben sind kleiner als die inneren. In einer eng sitzenden Traube entspricht 1 dm² mindestens 250 Bienen. Bei Frost können es dort, wo die von der „Bienenscheibe“ bedeckten Zellen leer sind und dann in jeder leeren Zelle kopfüber eine Biene steckt, auch deutlich mehr als 1000 Bienen pro dm² sein. Bei maximaler Ausdehnung und engem Sitz säßen in der zentralen Gasse bis zu 3000 Bienen und etwa genauso viele in jeder der beiden Nachbargassen. Die zum linken bzw. rechten Rand hin kleiner werdenden „Bienenscheiben“ haben deutlich weniger Bienen.
Das Ausmessen der „Bienenscheiben“ ist nicht notwendig. Es genügt frühmorgens (!) nach frostiger (!) Nacht die Anzahl der besetzten Wabengassen festzustellen. Wenn es mindestens 5 sind braucht man sich wegen der Volksstärke keine Sorgen zu machen.

Völker vereinigen und umweiseln

Meistens sind es Jungvölker, die einen (zu) schwachen Eindruck machen. Sie sitzen in 1 Zarge und können durch simples Aufeinandersetzen vereinigt werden. Wenn man so zwei Jungvölker vereinigt, dann wird eine Königin herausgefangen und mit ihr ein Altvolk umgeweiselt. Für diese Aktion wartet man am besten Flugwetter ab. Es soll nach Mitte Oktober eintreten. Die Königin hält sich meist im Zentrum der Bienentraube und dort auf der „letzten“ Brut auf.

Im Spätherbst steht auch die „Wiedervereinigung“ der (Teil-)Völker an, die nach dem Konzept „Teilen und behandeln“ geführt wurden. Wenn das „Brutvolk“ auf oder neben dem „Flugling“ steht geht das ganz einfach. Das „Brutvolk“ wird auf den Flugling gesetzt. In der Regel überlebt die Königin des aufgesetzten Volkes. Wer sicher gehen will, dass die „Junge“ am Leben bleibt, muss die „Alte“ vorher herausfangen. Dann kann auch der „Flugling“ (mit seinen jüngeren Waben) auf das Brutvolk gesetzt werden. So erspart man sich den Zargentausch im Frühjahr. Zur Sicherheit sollte man dann auch die „Junge“ vorübergehend (unter Futterteigverschluss) käfigen.

Die Kontrolle des Futtervorrats

Für die Überprüfung des Futtervorrates genügt es, das „relative“ Gewicht durch simples Anheben festzustellen. Das „gefühlte“ Gewicht wird geeicht, indem man bei Flugwetter den Futtervorrat des leichtesten Volkes nach der „Achtelmethode“ schätzt. Dazu müssen Waben gezogen werden. Bei dieser Gelegenheit kann auch gleichzeitig die Volksstärke relativ genau erfasst und das Ergebnis dieser „Populationsschätzung“ mit der „Anzahl der besetzten Wabengassen nach frostig-kühler Nacht“ verglichen werden.
Wer sich unsicher ist kann die Völker auch mit einer Kofferwaage wiegen. Das von hinten ermittelte Gewicht wird einfach verdoppelt. Mit Innendeckel und Blechhaube sollten in der Einfachbeute sitzende 1-Zargen-Völker etwa 28 kg, 2-Zargen-Völker etwa 42 kg wiegen.

Die Gemülldiagnose

Weil Ameisen und Ohrwürmer im Spätherbst nicht mehr aktiv sind darf die Windel durchaus länger als in der warmen Jahreszeit einliegen, damit sich mehr Gemüll ansammelt und Unterschiede zwischen den Völkern besser zu erkennen sind. Es bietet sich an, das Gemüllbild auf der Windel mit der Beurteilung der Bienentraube zu verbunden.

Der tägliche Milbenfall sollte (deutlich) unter 5 Milben/Tag liegen. Beim Milbenzählen achte man auch auf das Auftreten heller Milbenstadien, die wie die dunklen Altmilben die für die Varroamilbe typische breitovale Form besitzen. Helle Milbenstadien im Gemüll signalisieren, dass befallene Brut geschlüpft ist und das betreffende Volk noch brütet (oder gebrütet hat).

Die noch anstehende Restentmilbung wird erst durchgeführt, wenn (1.) die Völker brutfrei sind und dann (2.) eng sitzen.

Einige Völker stellen im Spätherbst das Brüten ohne erkennbaren äußeren Anlass ein. Andere Völker (in der Regel sind sie in der Mehrheit) tun das erst während einer Kaltwetterperiode mit frostigen Nächten, die die Königin dazu bringen, keine Eier mehr zu legen.

Drei Wochen nach einem solchen bzw. dem ersten Kälteeinbruch herrscht allgemeine Brutfreiheit. Wenn bzw. sobald es dann (wieder) frostig kalt ist erfolgt die Restentmilbung.

Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.