Es honigt!

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Trachtbeobachtung per Internet lohnt sich

In Kürze:

  • Das Wetter: Der April zeigt sich von Anfang an von seiner sommerlichen Seite. Und das Wetter soll auch so bleiben (Abb. 4)
  • Die Pflanzenwelt: Das Große Blühen hat Mitte/Ende März eingesetzt und wird seitdem auch von den Bienen genutzt (Abb. 2 und Abb. 4).
  • Die Völker: Seit Mitte März brüten sie „wie die Weltmeister“. Die stärkeren Völker haben zurzeit bereits mehr als 30.000 Brutzellen. Die Völker wachsen rasant und tragen Tag für Tag viel Nektar und Pollen ein. Die Schwarmzeit wird im April beginnen.
  • Der Imker: Für das Erweitern gibt es kein „zu früh“, sondern nur ein „zu spät“. Und: Eine Brutraumzarge ist auf jeden Fall zu wenig. Wärmeschiede waren und sind nicht notwendig.

Zum aktuellen Trachtgeschehen

Seit Ende März 2019 steht das Volk Nr. 1 am Bienenstand „BiMuDU“ (Bienenmuseum Duisburg) auf einer TrachtNet-Stockwaage. Seine Daten können im Internet abgerufen werden mit dem Link: https://dlr-web-daten1.aspdienste.de/cgi-bin/tdsa/tdsa_client.pl.
Auf dem Bildschirm erscheint folgendes Bild:

Das Volk „BiMuDU 1“ steht auf der Waage 1276. Wenn man diese Nummer für das Jahr 2020 auswählt und außerdem die Mittelwerte der in Deutschland, in NRW, im Regierungsbezirk Düsseldorf und im Landkreis Duisburg aufgestellten Waagen anklickt, erscheint die folgende Graphik (Abb.1). Man kann die Graphik auch um die Daten von 2019 erweitern. Wenn man dem Verlauf einer Kurve mit der Maus folgt, wird man auch über die Anzahl der Waagen informiert, von denen der entsprechende Mittelwert gebildet wurde.


Abb.1 : Die kumulierte Gewichtsänderung der Waage 1276 im Vergleich mit den Mittelwerten der Waagen, die in Duisburg bzw. im Regierungsbezirk Düsseldorf bzw. in NRW stehen und täglich Daten melden. Die Zunahmen im April sind leichter zu unterscheiden, wenn die Gewichtsänderungen nach einem „Download“ als Säulendiagramm dargestellt werden (vgl. Abb. 2).

Von Anfang Januar bis Mitte März gehen die vier ausgewählten Gewichtskurven mit leichten Schwankungen „in den Keller“. Die Gewichtsschwankungen sind da und dort auch wetterbedingt. Bei Schneefall und Regen werden die Beuten vorübergehend nass und schwer.

Das Volk BiMuDU 1 auf Waage 1276 ist in diesem Zeitraum mehr als 10 kg leichter geworden, die 11 im Regierungsbezirk Düsseldorf auf TrachtNet-Waagen stehenden Völker –zu denen auch Volk BiMuDU 1 zählt– sind im Mittel nur knapp 5 kg leichter geworden, die 29 NRW-Völker nur etwas mehr als 4 kg.

Der Vergleich mit 7 anderen TrachtNet-Waagen, die in Duisburg, Wesel, Viersen und Mülheim an der Ruhr stehen und schon einmal –im Newsletter vom 23. März– vorgestellt wurden, bringt weitere Einblicke (Abb. 2).  Im Regierungsbezirk Düsseldorf scheint es im März/April 2020 besser zu honigen als an vielen Orten anderswo in NRW und Deutschland. Doch macht der Vergleich der 8 „an Rhein und Ruhr“ ausgesuchten Waagen deutlich, dass auch große Unterschiede in einer Region auftreten können. Besonders auffällig sind die Unterschiede zwischen den beiden jeweils in Wesel bzw. in Duisburg stehenden Waagen. Das Volk auf Waage 0521 zehrte im Januar und Februar deutlich weniger als das Volk auf Waage 1276, wurde aber im März leichter und Anfang April nur 0,5 kg schwerer, während das Volk auf Waage 1276 Anfang April 9 kg im gleichen Zeitraum zulegte. Das kann nicht an den Trachtverhältnissen vor Ort liegen, da spielt wohl die Volksstärke eine Rolle.

Das vermutlich stärkere Volk auf der Waage 1276 hat im Januar, Februar und März mehr Futter verbraucht als das vermutlich schwächere Volk auf der Waage 0521 und deshalb an den Trachttagen im März mehr Nektar und Pollen eingetragen, so dass die Zehrung im März in der Bilanz niedriger ausfiel als in den beiden Vormonaten und auch niedriger als bei dem Waagstock 0521.

Abb. 2 : Die Gewichtsveränderungen von 8 an „Rhein und Ruhr“ stehenden Waagen in den Monaten Januar, Februar, März und Anfang April 2019 im Vergleich mit den Mittelwerten der TrachtNet-Waagen des  Regierungsbezirks Düsseldorf, des Bundeslandes NRW und von Deutschland. Von den  Waagen 1123 und 1294 wurden im April keine Daten aufgezeichnet.

Wie geht es weiter im TrachtNet-Projekt mit „1276“ im April 2020? Eine Prognose liefert der Rückblick auf den April 2019. Sowohl im April 2019 (Abb. 3) als auch im März/April 2020 (Abb. 4) ist zu erkennen, dass der Waagstock nur an Tagen, an denen es wärmer wurde als 11°C, schwerer wurde. An kühlen Tagen wurde nichts eingetragen bzw. weniger als das Volk verbraucht hat. Wenn die Wetterprognose zutrifft sollte der Waagstock 1276 in den kommenden zwei Wochen um weitere 20 kg zunehmen.

In 2019 wurde das Volk im April um 16 kg schwerer und im Mai um 7 kg leichter. Der relativ schlechten Frühjahrstracht folgte in 2019 eine sehr gute Sommertracht. Im Juni/Juli verzeichnete die Waage 1276 ein Plus von 30 kg. Man kann gespannt sein, wie in 2020 die Tracht weiter verläuft.

Abb. 3 : Der Vergleich der Gewichtsänderungen der TrachtNet-Waage 1276 im April 2019 mit den Schwankungen der Tageshöchsttemperatur der Wetterstation Essen. Die Datenquelle der Wetterstation ist https://www.wetteronline.de/wetterdaten/bochum.

Abb. 4 : Der Vergleich der Gewichtsänderungen der TrachtNet-Waage 1276 im März/April 2020 mit den Schwankungen der Tageshöchsttemperatur der Wetterstation Essen vom 11. März 2020 bis 6. April 2020. Außerdem sind eingetragen die  Temperaturprognosen für die zweite Aprildekade. Die Datenquelle der Wetterstation ist https://www.wetteronline.de/wetterdaten/bochum.

Was ist am Bienenstand zu tun, wenn noch nicht geschehen?

Zwei-Zargen-Völker erhalten den Honigraum über Absperrgitter und gleichzeitig einen Baurahmen, der in die obere Brutraumzarge an Position 2 oder 9 (bei 10 Waben-Zargen) gehängt wird. Dazu wird eine Randwabe entnommen. Wenn sie Winterfutter enthält wird sie für die ab Ende April anstehende Ablegerbildung aufbewahrt.

Wenn in der oberen Zarge des Brutraumes noch weitere Randwaben viel Winterfutter enthalten und keine Brut und keinen frisch eingetragenen Pollen, werden auch diese entnommen und gegen Mittelwände ausgetauscht. In der Regel braucht man nur eine oder zwei. Diese Mittelwände werden ins obere Brutnest gehängt; und zwar jede zwischen zwei zentrale Brutwaben. Das gewährleistet ihren raschen Ausbau und rasche Bestiftung.  So wird das Brutnest oben in die Breite gezogen; dann wird der Honigraum über dem Absperrgitter besser angenommen.

Völker, die immer noch auf einer Zarge sitzen, weil sie schwach aus dem Winter gekommen oder noch nicht „in Schwung“ sind, können ihre erste Erweiterungszarge über Absperrgitter (und damit als Honigraum) erhalten. Zuvor wird in der Überwinterungszarge eine Randwabe gegen den Baurahmen ausgetauscht. Der Baurahmen kommt entweder in Position 2 oder 9.

Etwa 1-3 Wochen nach dieser ersten Erweiterung werden diese Jungvölker ein zweites Mal und dann „nach unten“ erweitert, und zwar bevor sie beginnen, den Gitterboden mit Wildbau zu füllen.

Eindrücke – bei der Völkerdurchsicht mit laufender Kamera festgehalten

Bild 1: Dieses Volk wurde in 2018/19 einräumig überwintert und erhielt Anfang April 2019 den Honigraum als zweite Zarge über Absperrgitter. Die Erweiterung nach unten blieb aus. Das Ergebnis: Der Gitterboden wurde bis Anfang Mai mit Drohnenbau gefüllt. Nur eine Zarge mit 10 Zanderwaben als Brutraum ist eine Zarge zu wenig!

 
Bild 2
:  Am 1. Februar 2020 wurde der Futtervorrat der am Bienenstand BiMuDU stehenden Völker überprüft und dabei auch in die Völker geguckt. Das auf der TrachtNet-Waage 1276 stehende Volk 1 saß unter der Folie in 6 Wabengassen und ….

Bild 3: …. eher und anscheinend dichter – am 1. Februar! – in der unteren Zarge als in der oberen.

Bild 4: Am 6. April 2020 wurde vor dem Aufsetzen des Honigraumes die Volksstärke von BiMuDU1 durch Ankippen der oberen Brutraumzarge – im Bild von vorne – beurteilt. Beide Zargen waren dicht besetzt. Zwischen den Zargen war etwas Drohnenbrut angelegt.

Bild 5: Drohnenbrut fand sich auch auf den Brutwaben der oberen Brutraumzarge. Die Brutnestkugel war zweigeteilt, etwas mehr als die Hälfte war oben auf 6 Waben, die kleinere Hälfte unten. Die Zweiteilung des Brutraumes wirkt sich nicht negativ auf die Brutleistung aus!

Bild 6: Eine besonders schöne Brutwabe wurde in der oberen Brutraumzarge von Volk BiMuDU 4 entdeckt, das wie alle anderen Völker mit einem „nicht angepassten“ Brutraum und ohne Wärmeschiede geführt wird. Die wenigen brutfreien Zellen im Brutnest sind mit Nektar gefüllt. Die andere Seite der Wabe sah genauso aus. Allein auf dieser Wabe schlüpfen bis zum 18. April etwa 5000 Bienen, die ohne „Heizzellen“ –die es in keinem Bienenvolk gibt, sondern nur in der Vorstellung von „Schaukastenwissenschaftlern“ – aufgewachsen sind. Wenn diese dann als Ammenbienen keine Arbeit finden, weil die Königin in der angelaufenen Frühjahrstracht weniger Eier legt und in der Folge der Pflegebedarf zurückgeht, dann kann leicht Schwarmstimmung aufkommen, besonders bei den Völkern, die stark über- und ausgewintert haben, über offenem Gitterboden und ohne Wärmeschiede.

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Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.

7 Kommentare zu "Es honigt!"

  1. Die Vernetzung wird weiterhin zunehmen und das ist gut so!

  2. Dr. Detlef Konopik | 9. April 2020 um 11:33 Uhr | Antworten

    Sehr geehrter Herr Dr. Liebig, danke für die o.g. Beobachtungen und Empfehlungen. Als Anfänger, Ihrem Konzept anfangs folgend, nun sich auch mit dem angepaßten BR beschäftigend, bin ich um Einiges verunsichert, ob der völlig verschiedenen Herangehensweisen beim Halten von Bienen. Leider können sich kompetente Bienenhalter in der Praxis und in der Wissenschaft weder auf EINE Art der Bienenhaltung einigen, geschweige denn offen mehrere gleichberechtigt nebeneinander gelten zu lassen. Als unerträglich und unprofessionell empfinde ich jedoch die indirekte und teils direkte Herabsetzung der jeweils anderen Lehrmeinung resp. Person von beiden Seiten. Wenn Sie sich fachlich schon nicht seriös miteinander befassen können, so meiden Sie doch in Zukunft die Öffentlichkeit als Plattform Ihres Disputes.
    Imkerliche Grüße eines verunsicherten Anfängers, der wohl seine pos. wie neg. Erfahrungen nun selbst zu machen hat. Frohe Ostern

    • Sehr geehrter Herr Dr. Konopik, danke für diesen Kommentar, der sitzt! Wird aber wohl nichts ändern. Bereits in der älteren Imkerliteratur gibt´s ein „Hauen und Stechen“um die richtige Betriebsweise mit diskriminierenden Äußerungen gegenüber anders denkenden . Im nachhinein hat sich vieles, was damals gepriesen wurde, überholt. Dr. Liebig mag sein wie er will, aber man muss ihm zugestehen, dass er seine Beobachtungen mit „ZDF“= Zahlen, Daten, Fakten belegt, das machen nur wenige. Dabei hat er viel getan, um Anfängern eine sichere Basis für erfolgreiches Imkern zu geben. Ich lese und höre ihn trotz meiner fast 50 jährigen Erfahrung immer wieder gerne, folge ihm aber nicht bedingungslos. Nach vielem rumprobieren wurde ich entscheidend geprägt von Karl Kieß, dem damaligen Vorsitzenden der AG der Magazinimker, der mir damals das gleiche sagte, wie Liebig heute: Die Langstrothbeute, genauer gesagt das Langstroth-Rähmchen im 2-räumigen Brutraum, ist zu groß. Aber da gibt es bei Langstroth mehrere Alternativen zur Anpassung des Brutraums, von Flachzarge bis Dadant. Nach meinen Erfahrungen im angepassten Brutraum ist die Liebig-Beute auch zu groß, im „angepasster Brutraum“ ist die Wahrscheinlichkeit für im Schnitt größere Ernten höher (warum auch immer). Ich persönlich nehme aber die Empfehlungen von „Wärmeschied“ und extremem „eng setzen“ nicht so ernst. Da hat Liebig (mal wieder) recht.
      Nicht alles kritiklos übernehmen, eigene Erfahrungen anhand erprobter Methoden machen ist wohl ein manchmal mühseliger, aber zum Ziel führender Weg.

  3. Guten Tag
    Info Bild Nr.6 Heizzellen. Die guten Bienen- Wissenschaftler* sind rahr.
    Gute Imkerliche Praxis.Schaukastenwissenschaftler*-immer mehr.So ist es.
    Blinde können kein Feuer löschen.
    MfG R.E.

  4. Hallo, weiß jemand genaueres, wann die 4. Auflage des Buches „Einfach imkern“ erscheinen soll?

  5. am 12.04. zeigt die Waage 9 KG Zuwachs, kann das den sein, oder ist das der zweite Honigraum?

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