Aufgepasst: Sie wollen schwärmen!

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In Kürze:
Völker entwickeln sich (eigentlich nicht) überraschend schnell.

  • Ab sofort: Schwarmkontrollen!
  • Ein Ei genügt.
  • Ableger bilden.
  • Prognose: Nach den „Eisheiligen“ werden Schwärme unterwegs sein.

Die Apfelbäume blühen. Die Rapsfelder leuchten gelb. Die Völker tragen sehr viel Pollen ein und – gemessen an dem großen Blütenangebot – relativ wenig Nektar. Die Völker hinken der Vegetation in ihrer Entwicklung immer noch hinterher, haben aber deutlich aufgeholt. Einige, besonders die stärkeren, aber auch relativ schwache, wollen bereits schwärmen.

So hatten bei der Völkerkontrolle am 6. Mai an vier Standorten 9 von 11 (A), 2 von 25 (B), 8 von 15 (C) und 1 von 6 Völkern (D) bestiftete Schwarmzellen. Am Standort A und C stehen die stärkeren Völker, die in zwei Zargen überwintert worden waren und vor 2-3 Wochen ihren Honigraum erhalten hatten. Dort wurde einigen Völkern der zweite Honigraum aufgesetzt, da der erste Honigraum ausgebaut und seine Waben von Bienen besetzt waren und im Brutraum jede Zelle der 20 Waben mit Brut, Pollen, Winterfutter oder Nektar belegt war. Außerdem wurde die erste Drohnenbrut entnommen.

Das sehr frühe Auftreten von Schwarmstimmung ist im Nachhinein nicht überraschend. Mit der raschen Ausdehnung des Brutnestes (siehe Newsletter vom 29. April) bei gleichzeitigem Eintrag von Pollen und Nektar hatten die Völker ihre Leistungsgrenze erreicht. Vor dem Schlupf von viel Brut wurde die Legetätigkeit der Königin gedrosselt. Nach dem Schlupf von viel Brut kam es zu einem Überangebot an Ammenbienen, das die Schwarmstimmung einleitete.

Laut Wetterprognose soll es kommenden Wochenende relativ kühl werden („die Eisheiligen“) und am Anfang der nächsten Woche wieder sommerlich warm. Dann besteht deutschlandweit (?!) eine gute Gelegenheit Schwärme zu fangen.

Wer seinen eigenen Schwärmen nicht nachjagen will, sollte deshalb ab sofort (1.) regelmäßige Schwarmkontrollen durchführen, das akute Schwärmen wollen (2.) durch Zellenbrechen verhindern und dem chronischen Schwärmen wollen (3. & 4.) mit vorbeugenden Maßnahmen begegnen.

  1. Jede Schwarmkontrolle beginnt mit einer Kippkontrolle. Dabei wird (nach Abheben des Honigraumes) der obere Brutraum angekippt und die unteren Ränder seiner Waben auf Schwarmzellen untersucht. Schwarmzellen sind bestiftete oder mit Königinnenlarven belegte Weiselbecher. Letztere fallen durch ihre Länge und durch ihr „Leuchten“ auf. Bestiftete Schwarmzellen sind etwas länger als die „ungefährlichen“ Weiselbecher, frisch bestiftet sind sie leicht zu übersehen. Wer unsicher ist sollte die Kippkontrollen im Abstand von 4 Tagen durchführen. Der Geübte kommt mit „alle 7 Tage“ aus.
    [youtube]http://youtu.be/PipkG16tdfw[/youtube]
  2. Nach Entdeckung einer einzigen Schwarmzelle (die Gleichung „1 Ei = kein Ei“ ist falsch) muss mehr getan werden. Alle Brutraumwaben werden gezogen und nach dem Abschütteln der Bienen sorgfältig auf Schwarmzellen abgesucht und diese zerdrückt. Keine darf übersehen werden!
  3. Schwarmvorbeugung ist Schröpfen und den Baurahmen einsetzen bzw. regelmäßig Drohnenbrut entnehmen. Der erste Baurahmen wurde oder wird gegeben beim Erweitern „von Zwei auf Drei“. Beim Aufsetzen des Honigraumes (als dritter Raum) wird der Baurahmen im oberen Brutraum in Stellung 2 oder 9 untergebracht. Beim Untersetzen des dritten Raumes (bei 1-Zargen-Völkern, die zuvor den zweiten Raum als Honigraum über Absperrgitter erhalten hatten), wird eine Randwabe (oder beiden Randwaben) des Brutraumes gezogen und nach unten gehängt, wenn sie noch Winterfutter enthält bzw. enthalten. Wenn sie mit viel Nektar und wenig Pollen gefüllt ist, kann sie auch im Honigraum untergebracht werden. Die erste Lücke im (überwinterten) Brutraum wird mit einem Baurahmen in Position 2 oder 9 gefüllt, die zweite Lücke mit einer Mittelwand, die am besten zwischen zwei Brutbrettern Platz findet.
  4. Brutbretter werden mit (!) den ansitzenden Bienen, aber ohne (!) Königin entnommen. Ein Brutbrett wird mit einer Futterwabe und (dazwischen) einer Mittelwand an den Rand einer Beute gehängt, mit Pinwandnägeln vor dem Verrutschen gesichert und mindestens 2 km weit weggestellt. Das zum Transport mit einem Schaumstoffstreifen verschlossene Flugloch wird am besetzten Rand eine Daumendicke breit geöffnet.  Mit 4-9 Brutbrettern kann auch ein Sammelbrutableger gebildet und die „Völkervermehrung in vier Schritten“ mit integrierter Königinnenaufzucht eingeleitet werden.

Darüber mehr im nächsten Newsletter gegen Mitte Mai.

Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.