Der August endet mit ein paar Sommertagen

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In Kürze:

  • Ab morgen soll es für ein paar Tage sommerlich warm werden.
  • Das sommerliche Wetter sollte dann für eine gut wirksame Ameisensäurebehandlung der Altvölker genutzt werden.
  • Vorher (noch einmal) mit einer Gemülldiagnose den natürlichen Milbenfall erfassen.
  • Wenn noch nicht geschehen, vorher die Altvölker von drei auf zwei Zargen einengen und dabei die untere Brutraumzarge mit den alten Waben entfernen.
  • Bei Alt- und Jungvölkern auf ausreichende Futterversorgung achten!
  • Es besteht Räubereigefahr!

Der August war bisher wochenlang anhaltend herbstlich-kühl. Laut Wetterprognose soll er sich sommerlich-warm verabschieden.

Diese vermeintlich kurze Zeitspanne sollte für eine gut wirksame AS-Behandlung der Altvölker genutzt werden.

Die Altvölker wurden oder werden für die Behandlung vorbereitet. Beim Einengen von 3 auf 2 Zargen wurde für Wabenhygiene gesorgt. Die untere Brutraumzarge mit den alten Waben wurde entfernt, die obere Brutraumzarge auf den Gitterboden gesetzt und auf sie der Honigraum mit hellen Waben. Für die beiden AS-Behandlungen vor und nach der Auffütterung wird dem Volk eine Leerzarge aufgesetzt. Sie dient auch als Futterzarge.

Die Jungvölker werden, wenn noch nicht geschehen, auf 10 Waben erweitert und erhalten eine Leerzarge, die zuerst als Futterzarge genutzt wird und nach der Auffütterung  – gegen Mitte September – für die AS-Behandlung.

Was bei der AS-Behandlung zu bedenken ist!

Bei der AS-Behandlung kann sowohl überdosiert als auch unterdosiert werden. Bei Überdosierungen kommt es zu AS-Schäden an der Brut und eventuell auch zum Verlust der Königin. Überdosierungen treten sehr häufig bei „Schockbehandlungen“ auf, bei der die AS anfangs schlagartig und damit verbunden meist zu viel auf einmal verdunstet. Die Bienen brausen auf, geraten in Panik, weichen aus, verlassen dabei die Brut und ziehen auch (vorübergehend) aus. Die Brut bleibt ungeschützt zurück. Die Folgen: Es sterben nicht nur Milben, sondern auch offene Brut und während der Behandlung schlüpfende Bienen. Diese tauchen später als Totenfall am Flugloch auf.

Ein Vertreter der Schockbehandlung ist das „Schwammtuch“. Es gibt viele Varianten; denn bei der Anwendung ist der Beutentyp, die Volksstärke und die Witterung zu beachten. Man kann die „Schockwirkung “ reduzieren, indem man die AS verdünnt oder niedriger dosiert. Bei diesem Bemühen kann es leicht zu Unterdosierungen kommen. Die mehrfache Wiederholung „bis keine Milbe mehr fällt“ ist auch keine Lösung; denn viele schlechte Behandlungen machen noch keine gute.

Besser geeignet für die Behandlung mit Ameisensäure, die nicht nur eine hohe Wirkung zeigt, sondern auch Bienen und Brut schont und die Königin am Leben lässt, sind „Vakuumverdunster“. In Deutschland sind sie für die Verwendung von AS 60% „ad us. vet.“ zugelassen. Zu den Vakuumverdunstern zählen der „Nassenheider vertikal“, der „Nassenheider horizontal“ und der „Nassenheider professional“ sowie die Medizinflasche mit Tropfauslauf, die entweder mit oder ohne Teller und ausschließlich von oben in einer Leerzarge eingesetzt wird.  Eine „Mit-Teller-Variante“ ist der in der Schweiz hergestellte „Liebig-Dispenser“. Er ist einfach in der Anwendung. Die Verdunstung der Ameisensäure kann über die Dochtgröße gesteuert werden.

Die Entwicklungsgeschichte des „Nassenheiders“ von „vertikal“ über „horizontal“ zu „professional“ zeigt, dass sich auch beim Hersteller des „Nassenheiders“ die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Behandlung von oben besser wirkt als die Behandlung von der Seite in einem Rähmchen, das an den Rand des Brutnestes gehängt wird.

Alle Vakuumverdunster können mit AS 60% oder auch mit AS 85% verwendet werden. Vor kurzem wurde AS 85% unter der Bezeichnung „AMO Varroxal 85%“ in Österreich zugelassen. Die Abgabe erfolgt dort rezeptfrei über Apotheken, Drogerien und den Imkereifachhandel.

In Deutschland ist seit Sommer 2014 auch das Produkt „MAQS“ (Mite Away Quick Strips“) zugelassen. Laut Produktbeschreibung enthalten die verpackten Strips 46,7% Ameisensäure. Der intensive Ameisensäuregeruch, der dem Anwender beim  Öffnen der Verpackung unweigerlich in die Nase kommt, deutet daraufhin, dass die Strips mit einer wesentlich höher –vermutlich weit mehr als 60%- konzentrierten Ameisensäure befüllt worden sind. Dafür spricht auch, dass sich mit ihnen eine gute Wirkung auch bei kühlen Temperaturen erzielen lässt.

Ein ausreichend hoher Behandlungserfolg der Ameisensäure setzt eine Mindestmenge an verdunsteter Ameisensäure pro Zeiteinheit voraus. Diese Verdunstungsleistung ist wiederum abhängig von der Konzentration, von der Außentemperatur, von der Dochtgröße, von der Stärke des Volkes und auch davon, ob es im Schatten oder in der Sonne steht.

Doch gilt es auch Brutschäden zu vermeiden. Dieses Ziel wird erreicht, indem auf ausreichend Abstand zwischen Trägermaterial und Brut geachtet wird, sowie über eine kurze nur wenige Tage dauernde Behandlung.  Mit einer Kurzzeitbehandlung, wenn bei 2-Zargen-Völkern in 3 Tagen 100 ml Ameisensäure verdunsten, lässt sich ein hoher Behandlungserfolg auch in brütenden Völkern erzielen; denn Ameisensäure wirkt auch in die verdeckelte Brut und tötet dort Milben ab, die erst fallen, wenn die behandelte Brut schlüpft. Der durch eine Ameisensäurebehandlung ausgelöste Milbenfall hält nach Abschluss der Behandlung fast 14 Tage an. Erst danach stellt sich wieder natürlicher Milbenfall ein. Das gilt es bei der Kontrolle des Behandlungserfolges zu beachten, wenn diese über die Gemülldiagnose erfolgt, mit der der natürliche Milbenfall vor der Behandlung mit dem natürlichen Milbenfall nach der Behandlung verglichen wird.

Eine ausreichend hohe Verdunstung setzt bei 2-Zargen-Völkern eine wärmere Witterung voraus als bei 1-Zargen-Völkern. Für die wirksame Behandlung von 2-Zargen-Völkern sollte es tagsüber wärmer als 20° C werden. Je wärmer, desto besser. Ein „zu warm“ gibt es in Mitteleuropa nicht. Bei sehr hohen Temperaturen (>25 ° C) wird eine kleinere Dochtfläche gewählt. 1-Zargen-Völker werden in der Regel mit kleineren Dochten behandelt als 2-Zargen-Völker.

Es ist grundsätzlich falsch, gekühlte Ameisensäure zu verwenden! Diese dehnt sich in der Flasche rasch aus, wenn  sie in die warme Zarge gestellt wird. Die Ameisensäure tropft dann nicht mehr aus dem Topfauslauf, sondern fließt, und zwar mehr als der Docht aufnehmen kann. Vom tropfnassen Docht tropft dann die Ameisensäure ins Volk mit entsprechenden Folgen.  Die Kombination, die Völker bei Hitze mit kleinem Docht und gekühlter Ameisensäure zu behandeln, endet am ehesten in einer Katastrophe.

Anwenderschutz

Wer Wert darauf legt, dass die Bienenprodukte frei von Rückständen bleiben, verwendet für die Varroabehandlung ausschließlich die organischen Säuren Milchsäure, Ameisensäure und Oxalsäure. Die Milchsäure wird für die Sprühbehandlung von brutfreien Völkern (Schwärme wenige Tage nach ihrem Einschlagen in eine Beute, 21 Tage nach ihrer Erstellung brutfrei gewordene Brutableger, die nach dem Konzept „Teilen und Behandeln“ gebildeten Fluglinge und „Brutvölker“) eingesetzt. Die Oxalsäure dient der „Restentmilbung“ durch Träufelbehandlung der Völker im Spätherbst/Frühwinter, wenn diese keine Brut mehr haben. Ameisensäure ist als einziges Mittel zur Behandlung von brütenden Völkern im August/September geeignet.

Bei der Anwendung dieser Säuren ist auch auf den Anwenderschutz zu achten. Besonders gefährlich ist die Ameisensäure. Das Hantieren mit offener Ameisensäure am Bienenvolk ist zu vermeiden. Diesbezüglich bieten die Medizinflaschen den Vorzug, dass sie zu Hause unter Beachtung der Arbeitssicherheit gefahrlos abgefüllt und gut verschlossen aufbewahrt und zum Bienenstand transportiert werden können.  Die Behandlung eines Volkes ist im Handumdrehen erledigt. Es besteht keine Gefahr, dass der Anwender Ameisensäure auf die Hand oder in die Nase bekommt. Dennoch auch vor dem Aufschrauben und Aufstülpen der Flasche auf den Dispenser Handschuhe anziehen.  Und bei jeder Flasche sofort nach dem Aufschrauben sich vergewissern, dass der Tropfauslauf nicht fehlt!

Es ist nicht gerechtfertigt,  die für die Varroabekämpfung eingesetzten organischen Säuren als biologische Medikamente zu bezeichnen.

Der nächste Newsletter erscheint Anfang September und gibt Tipps für die Auffütterung von Alt- und Jungvölkern.

Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.