„Alle Jahre wieder“ und dennoch: „Jedes Jahr ist anders“

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In Kürze:

  • In 2019 war die Frühjahrstracht weit verbreitet sehr schlecht. Vielerorts musste/konnte auf die Frühjahrshonigernte verzichtet werden.
  • Die Sommertracht war (viel) besser. Die Sommerhonigernte steht bevor.
  • Die Schwarmzeit ist ebenfalls vorbei.
  • Die „Varroazeit“ beginnt.

In 2019 hatte es der Mai in sich. Nach vielversprechendem Trachtverlauf im April 2019 war im „Wonnemonat“ nichts mehr los und auch der Juni fing bescheiden an (Abb. 1 und 2). In diesem Zeitraum –von Anfang Mai bis Anfang Juni– wurden die Völker an den an „Rhein und Ruhr“ gelegenen Bienenständen leichter, was bei den seit Ende April im wöchentlichen Abstand durchgeführten Schwarmkontrollen auch ohne Waage Volk für Volk festgestellt werden konnte.

Bei der Kippkontrolle werden das Gewicht der oberen Brutraumzarge und das Gewicht des Honigraumes, wenn er zur Kippkontrolle oder zum Ausschneiden der Drohnenbrut im Baurahmen abgehoben wird, beurteilt. Nicht nur die Honigräume wurden leichter, auch die oberen Brutraumzargen verloren im Mai/Juni stetig an Gewicht. Das änderte sich erst mit dem Beginn der Lindenblüte im Juni, deren Nutzung nicht nur zu einem starken Verhonigen der zweizargigen Bruträume führte, sondern innerhalb von 1-2 Wochen auch zu vollen Honigräumen. Den stärkeren Völker musste/konnte eine zweite Honigraumzarge gegeben werden. Deren Mittelwände wurden sofort ausgebaut und rasch gefüllt.

Mit dem Ende der Lindenblüte ist diese extrem gute Sommertracht zu Ende gegangen. Laut den Aufzeichungen des Projektes „TrachtNet Deutschland – Trachtsumme“ in den Vorjahren 2016, 2017 und 2018 sind im Juli in NRW keine nennenswerten Zunahmen zu erwarten (Abb. 2). Zurzeit blühen da und dort das Indische Springkraut und der Riesenbärenklau, was an feuchten Standorten zu einer Läppertracht führen könnte.

Die Sommerhonigernte

Auch für den Sommerhonig gilt: Nur reifen Honig ernten. Dieses Ziel ist leicht(er) zu verwirklichen, wenn man (1.) erst nach Trachtende und (2.) unmittelbar nach einem Regentag (der vorerst laut Wetterprognose nicht zu erwarten ist) zu Besen oder Bienenflucht greift und die Honigernte (3.) bei trockenem Wetter an einem frühen Vormittag vornimmt. Wenn am Vortag oder an den Vortagen wegen Regen kein Nektar eingetragen worden ist, kann auch der noch nicht verdeckelte Honig geerntet werden. Er ist dann häufig trockener als der verdeckelte Honig. Dennoch sollte seine Reife (4.) mit der Spritzprobe überprüft werden.

Nach Einlegen der Bienenflucht am frühen Vormittag kann der Honigraum am Abend des nächsten Tages nahezu bienenfrei abgehoben werden. Die Bienenflucht funktioniert nur, wenn mit Absperrgitter geimkert wird und im Honigraum keine Brut ist.

Abb. 1. Die Veränderungen der beiden vom Verfasser betreuten Stockwaagenvölker am Lehrbienenzentrum Hohenstein und am Bienenmuseum Duisburg in den Dekaden der Monate April, Mai und Juni 2019.  

Abb. 2. Der Trachtverlauf von April bis Juli in den Jahren 2016-2019 in NRW, rekonstruiert mit den Daten von den in NRW stehenden Stockwaagen des Projektes „TrachtNet Deutschland – Trachtsumme“. Ihre Anzahl n hat sich von 2016 bis 2019 etwa verdreifacht. Die Daten sind auf der Website  https://dlr-web-daten1.aspdienste.de/cgi-bin/tdsa/tdsa_client.pl veröffentlicht.
Wenn man sich an den drei Vorjahren orientiert ist im Juli 2019 mit keiner Tracht zu rechnen. Deshalb ist besonders bei den wachsenden Jungvölkern darauf zu achten, dass sie immer ausreichend mit Futter versorgt sind.

Räuberei vermeiden

Bei der Honigernte werden häufig Honigwaben beschädigt. Das kann wie das Ersetzen der entnommenen vollen Honigwaben durch leere geschleuderte Waben Suchflüge und in Folge Räuberei auslösen. Besonders gefährdet sind die noch schwachen Jungvölker. Deren Fluglöcher sind weiterhin eng zu halten. Und: Am besten immer nur am späten Abend Anlass für Suchflüge geben.

Die „Varroazeit“ steht vor der Tür

Nach der Sommerhonigernte wird der Varroabefall der Wirtschaftsvölker mit einer Gemülldiagnose überprüft und danach festgelegt, an welchen Ständen welche Völker nach dem Konzept „Teilen und behandeln“  weitergeführt werden. Die Teilung dieser Völker am Tag x (in einen Flugling mit der Königin im Honigraum und in das entweiselte „Brutvolk“, das zum Abfliegen auf den Flugling gestellt wird) steht nach der Sommerhonigernte bzw. nach Mitte Juli an. Am Tag x+2 wird der Flugling mit Oxalsäure gegen die Varroamilbe behandelt, am Tag x+21 (oder etwas später) das dann brutfrei gewordene „Brutvolk“ nach dem Einengen auf eine Zarge.

Die anderen Völker werden nach der „Spätsommerpflege in 4 Schritten“ (1. Einengen, 2. Behandeln, 3. Auffüttern, 4. Behandeln) auf die Überwinterung vorbereitet. Mit diesem Konzept wird erst nach Mitte August begonnen.

Diese Terminierung richtet sich nach der Volksentwicklung. Ab Ende Juli schrumpfen die Brutnester der Altvölker. In Folge ist in der Regel die untere Brutraumzarge nach Mitte August brutfrei. Dann (erst) werden die Völker durch Entfernen der unteren Brutraumzarge eingeengt. Die obere Brutraumzarge rückt nach unten. Der Honigraum wird zum oberen Brutraum und zur Einlagerung des Winterfutters genutzt (und meist erst im Frühjahr bebrütet).

Nach dem Einengen werden die Völker bei sommerlichen Temperaturen einmal mit Ameisensäure behandelt. Diese Behandlung dauert in der Regel drei Tage. Danach werden die Völker aufgefüttert. Die Auffütterung ist nach 1-2 Wochen beendet. Ihr folgt im September eine zweite Ameisensäurebehandlung.

Die Jungvölker werden nur einmal, im September nach ihrer Auffütterung, mit Ameisensäure behandelt. Eine Behandlung vorher ist nicht notwendig, weil sie – im Mai als Brutableger gebildet –  im Juni im brutfreien Zustand mit Oxalsäure gegen die Varroamilbe behandelt worden waren. Außerdem verbietet sich eine frühe(re) Ameisensäurebehandlung der Jungvölker, weil diese im Juli/August noch relativ viel Brut und wenig Bienen haben. Eine Behandlung mit Ameisensäure im Sommer würde bei ihnen zu gewaltigen Brutschäden führen.

Im Varroa-Seminar am 13. Juli (10-17 Uhr) im Lehrbienenzentrum Hohenstein wird der aktuelle Stand der Varroaforschung vorgestellt. Für Aufsehen sorgt zurzeit das „darwinian beekeeping“.

Während des Seminars werden auch die Völker demonstriert, die in 2018 nicht gegen die Varroamilbe behandelt worden sind. Eines dieser Völker ist im Bild 1 zu sehen. Der natürliche Milben(ab)fall lag im März, April, Mai und Juni bei den in 2018 unbehandelten Völkern im Mittel fast immer höher als bei den behandelten Völkern. Er blieb bis Anfang Juli deutlich unter der Schadensschwelle (Abb. 3).

Abb. 3. Der natürliche Milben(ab)fall der am LBZ Hohenstein stehenden Wirtschaftsvölker von März bis Anfang Juli. Mittelwerte von 14 im Spätherbst 2018 behandelten bzw. 6 in 2018 unbehandelten Völkern.

Bilder des Jahres 2019

Bild 1: Wildbau mit Drohnenbrut im Gitterboden Anfang Mai. Das Volk wurde in einer Zarge überwintert und sollte wie andere Völker des Standes am LBZ Hohenstein in 2019 nur mit einer Brutraumzarge geführt werden. Das war bei allen Völkern eindeutig zu wenig! Nach dem Entfernen des Wildbaus wurde dem Volk eine Zarge mit Mittelwänden untergesetzt.

Bild 2: Blick in den Honigraum über dem Absperrgitter eines mit zwei Brutraumzargen geführten Volkes. Die 10 Waben der auf dem Absperrgitter sitzenden Honigraumzarge sind beidseitig verdeckelt. Auch auf den Waben der beiden Brutraumzargen ist viel Honig „zwischengelagert“.

Bild 3: Beobachtung des Flugloches eines Begattungsvölkchens mit laufender Kamera am 23. Juni 2019. Die 5 Viererböden mit 20 Begattungsvölkchen waren eine Woche vorher am LBZ Hohenstein aufgestellt worden.

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Über den Autor

Gerhard Liebig
Ende 2011 ging Dr. Gerhard Liebig in den Ruhestand. Er war 37 Jahre lang an der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim angestellt und hat dort in Langzeitprojekten die Populationsdynamik von bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeugern auf Fichte und Tanne sowie die Entwicklung von Bienenvölkern und ihres Varroabefalls untersucht.

5 Kommentare zu "„Alle Jahre wieder“ und dennoch: „Jedes Jahr ist anders“"

  1. Danke Dir Gerhard.
    Sehr informativ und jetzt genau zur richtigen Zeit eine passende Information.
    Wir werden am 13.7. leider nicht kommen können.
    Danke.

  2. Inker aus dem Dorf | 14. Juli 2019 um 13:43 Uhr | Antworten

    Ja, ja die Linde, was wäre der Imker ohne sie.
    Im letzten Jahr hatten wir deshalb den Läusesommer, da hat es nicht so geklappt.
    Mal darüber nachgedacht, wo die Wildblumen geblieben sind?
    Der Rhein-Ruhr Imker sollte mal in die Landschaft schauen, dank Agro-Business blüht hier nichts mehr. Und wenn dann noch wie schon vorhergesagt der Rapsanbau zurückgeht, dann wird es eng mit dem Honig.
    Längste Zeit umzudenken. Der Kunde bekommt schon in Massen Fructose und Glucose aus nicht EU Ländern unter der Bezeichnung Honig zu kaufen. Da weis man, was man hat.
    oder nicht?
    Übrigens, da es keinen Klimawandel gibt, es soll ja laut Experten, die hier schreiben, keinen Insektenrückgang geben, ist das Grundwasser laut unserer Wasserwerke trotzdem um 30 cm gesunken. Nein, nein es gibt keine Klima und Umweltveränderung, bestimmt nicht.
    Pestizide sind nicht schädlich. Wer schreibt so etwas? Herr Liebig unter anderem.
    Der weis nur nicht, das unser Grundwasser schon in meßbaren Proben über Grenzwert belastet ist mit Pestizidrückständen. Weil das Zeug so gut abbaubar ist, eben nicht.
    Ihre Bienenhaltungs Tips sind gut, was ihre Biologie, Umwelt und Naturkommentare anbetrifft, besser nicht lesen.
    Die Bienen sind dank imkerlicher Maßnahmen geflogen, die Schmetterlinge sind ein rarer Gast geworden. Wissenschaft ist auch Beobachtung! Weniger Vögel, keine Lerchen mehr gesehen, weniger Insekten, Windschutzscheibe sauber, so ist das in unserer Natur, die keine mehr ist.

  3. @ Günther:Bevor sie hier mit Seiten wie „achgut“ hausieren gehen, sollten Sie einfach mal auf Wikipedia nachlesen, wessen Geisteskind diese Webseite ist, oder einfach nur mal schauen wer mit diesen „Keckl“ – Texten hantiert (u.a. Dana Guth / AFD ). Ich finde hier wird viel zu unbekümmert mit irgendwelchen Texten aus dem Internet umgegangen – oder eben ganz bewusst um Stimmung zu machen.

    • Ich brauch nicht mit Links „hausieren“ zu gehen, sondern nur mit offenen Augen durch die Natur zu gehen.
      Wenn ich auf Kratzdisteln, Wurmkraut, Pippau etc. rostrote Mauerbienen, Hosenbienen, Furchenbienen etc. in großer Zahl tummeln und ich dann meine Bienen „arbeitslos“ an den Fluglöchern hängen seh und man jetzt schon füttern muß, weil in der ausgeräumten Landschaft nichts mehr zu finden ist.( Natürlich ganz im Zeichen der Energiewende)
      Wenn ich einen der Hauptinitiatoren von „Rettet die Bienen“ wie den Nabu dann höre das ihm an den Honigbienen eigentlich nix liegt wie man hier lesen kann:https://schleswig-holstein.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten/wespen/19172.html und die Honigbiene eigentlich verteufelt.
      Soetwas schreibt sich dann den „Bienenschutz“ aufs Panier…lässt anderweitig seine Heckrinder verhungern google gibt darüber sehr detailliert Auskunft.
      Oder relativiert die zahlreichen Insektenschredder herunter, ist doch alles nicht so schlimm:https://www.lbv.de/naturschutz/standpunkte/insektensterben/insektensterben-und-windkraft/
      Obs die Vögel fressen oder…momentmal da war doch was : https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/gefaehrdungen/24661.html
      Ja was den nun?
      Mir fällt dazu nur das Zitat Carl Peter Fröhling ein :
      „Sobald jemand einer Ideologie anhängt, hat er es aufgegeben, eine Individualität zu sein oder eine zu werden.

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